Angriffe auf den Service public

Der Service public und seine Angestellten sind zunehmend Angriffen ausgesetzt. Die Initiative «No-Billag» war nur ein Beispiel für die Torpedierung des öffentlichen Dienstes.

Als Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes befinden wir uns vermehrt in Abwehrkämpfen. Der politische Grundkonsens wird durch Spar- und Abbaupolitik sowie gezielte Initiativprojekte von rechts in Frage gestellt. Vieles davon zielt auf eine Zerschlagung und Privatisierung des Service public hin. Dabei werden verschiedene Strategien angewendet:

Sparpakete/Wirtschaftlicher Zwang

Lokale Parlamente üben sich in den abenteuerlichsten Sparübungen und verabschieden Tiefsteuerstrategien, welche die Bevölkerung durch Leistungsabbau im Service public bezahlen muss. Dies führt zu absurden Situationen. Im Kanton Luzern konnte Unterricht nicht mehr sichergestellt werden, weil zu wenig Geld vorhanden ist. Im Aargau wurde der Fachstelle für Gleichstellung massiv Mittel entzogen und im Kanton Zug wurde sie gleich ganz abgeschafft. Im Kanton Zürich steht die öffentlich finanzierte Erwachsenenbildung unter Druck, Kürzungen führen zu Entlassungen und zum Abbau öffentlicher Aufgaben. Eingespart wird vielerorts auch bei Pflege von Unterhalt und Infrastruktur, was langfristig teuer kommt und zu Schäden führt.

Zergliederung und Privatisierung

Die Abbaubestrebungen gehen vielerorts einher mit Änderungen von Rechtsformen. In der Schweiz wurde der Service public in den letzten Jahren immer stärker zergliedert. Viele Bereiche des Service public wurden und werden in unterschiedlichen Formen ausgegliedert, verselbständigt, teilweise oder ganz privatisiert. Dies führt in erster Linie zu einem Verlust an demokratischer Kontrolle. Damit sind auch herrschendes Personalrecht ausgehebelt und die Arbeitsbedingungen des Personals verschlechtern sich.

Angriff auf Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte

Da in der Schweiz die Verfassung mittels Initiativen geändert werden kann, können die Grundrechte eingeschränkt oder abgeschafft werden. Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit gefährden die Unabhängigkeit der Rechtsprechung. Rechtspopulistische Initiativen wie «Landesrecht vor Völkerrecht»- Initiative haben zum Ziel, die Spielräume für den Grundrechtsschutz einzuschränken und die Richter unter Druck zu setzen. Die Initiative ist ein Angriff auf die Schweizer Richter und Behörden: Sie will juristische Möglichkeiten schliessen, die bereits heute erschwert zugänglich sind. Dies betrifft auch den Service public. Denn wie gut eine Gesellschaft für Minderheiten einsteht, zeigt sich in ihrem Umgang mit Minderheiten, mit den Schwächeren, die besonders zu schützen sind.

Angriff auf Bildungsinstitutionen

Hochschulen befinden sich im Wettbewerb. Mit der Bologna-Reform wurden standardisierte Bachelor- und Masterstudiengänge geschaffen, Fachhochschulen sind nach dem Modell von Unternehmen organisiert. Dies hat zu einer Ökonomisierung des Hochschulwesens auf Kosten der Bildung und Wissenschaft geführt. Hinzu kommt immer mehr über Drittmittel finanzierte Forschung. Der Fokus auf quantitative Erfolgsindikatoren verdrängt inhaltliche Debatten. Forschungszweige, wie die Geisteswissenschaften, die nicht einen direkten wirtschaftlichen «Nutzen» ausweisen kann, stehen zusehends unter Druck – auch politisch.

Weitere Informationen

» Brennpunktseite No «No-Billag»

» Positionspapier 1: Service public ist Menschenrecht

» Positionspapier 2: Der Service public gehört uns allen

» Die Kehrseite der Zergliederung und Privatisierung