Nein zum Rentenabbau bei Migrantinnen!

Die Rentenkürzung AHV 21 schadet vor allem denen, die bereits in prekären Verhältnissen leben. Betroffen sind viele Migrantinnen, die in Niedriglohnbranchen arbeiten.

Feministischer Streik 14. Juni 2022 Léa Ziegler

AHV 21 ist ein Rentenabau: Das Rentenalter für Frauen soll von 64 auf 65 Jahre erhöht werden, auf dem Rücken der Frauen sollen rund 10 Milliarden Franken eingespart werden, was einer durchschnittlichen Rentenkürzung von rund 1 200 Franken pro Jahr entspricht. Anstatt Massnahmen zu ergreifen, die die ohnehin bereits schwierige finanzielle Lage der Rentnerinnen verbessert, werden mit AHV 21 ihre Renten gekürzt und ihre Lebensbedingungen von Rentnerinnen weiter verschlechtert. Ausserdem hat das Parlament beschlossen, das Mindestalter für den Anspruch auf Frühpensionierung von 62 auf 63 Jahre anzuheben. Das bedeutet, dass Frauen doppelt bestraft werden: Das reguläre Rentenalter wird erhöht, mit 62 Jahren vorzeitig in Rente zu gehen, ist nicht mehr möglich. Migrantinnen, die überwiegend in Branchen mit schwerer Arbeit und niedrigen Löhnen beschäftigt sind, werden so doppelt diskriminiert.

Eine von sechs Rentnerinnen ist arm

Obwohl 80 Prozent der Frauen berufstätig sind, erhalten viele von ihnen keine existenzsichernde Rente. Dies ist so, weil viele Frauen immer noch die Hauptverantwortung für die unbezahlte Arbeit tragen: 2020 leisteten sie 50 Prozent mehr Haus- und Familienarbeit als Männer. Das hat zur Folge, dass sie überwiegend teilzeitbeschäftigt sind. Hinzu kommt, dass Frauen meist die Arbeitsplätze besetzen, die am schlechtesten bezahlt sind. Dies führt zu einer niedrigen Rente – dazu, dass jede sechste Frau über 65 Jahre von Armut betroffen ist.

Kleine Renten für Migrantinnen

Migrantinnen und Migranten zahlten 2018 mehr Beiträge in die AHV ein (32 %), als sie Leistungen erhielten (18 %). Die Renten von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind im Durchschnitt niedriger. Dies unter anderem, weil nur 7 Prozent von ihnen die Beitragsdauer für eine volle Rente vorweisen können. Gemäss der Statistik der Neurenten 2020 beträgt der Median der AHV-Renten von Frauen ausländischer Herkunft 1220 Franken pro Monat, bei ausländischen Männern liegt er bei 1508 Franken, bei Schweizer Frauen bei 1778 und bei Schweizer Männern bei 2029 Franken. Was die Rente der zweiten Säule betrifft, so liegt der Median der zweiten Säule für ausländische Frauen bei 739 Franken, für Schweizerinnen bei 1207 Franken, für ausländische Männer bei 1368 Franken und bei Schweizer Männern bei 2156 Franken pro Monat.

Die grossen Unterschiede sind darauf zurückzuführen, dass diese Gruppen unterschiedliche Stellen haben und für diese unterschiedlich entlöhnt werden. In den letzten 10 Jahren ist zwar die Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern in der Schweiz gestiegen, die Haus- und Familienarbeit zwischen den Ehepartnern wurde jedoch nicht gerechter verteilt. Stattdessen wurde diese Arbeit ausgelagert an geringgeschätzte und schlecht bezahlte Arbeitnehmende. Ein grosser Teil von ihnen sind Migrantinnen: Rund um die Uhr und ohne Pause putzen, kochen, pflegen oder kümmern sie sich um die Kinder. Unabhängig davon, welches Ausbildungsniveau die im Care-Sektor tätigen Migrantinnen haben, sind ihre Löhne tief, ihre Arbeitsbedingungen anstrengend und ist ihr Leben prekär. Oft leben sie in Armut und haben gesundheitliche Probleme.

Von prekären Arbeitnehmerinnen zu verlangen, dass sie ein weiteres Jahr arbeiten, ist Gewalt und Ausbeutung. Aufgrund von branchenüblich niedrigen Löhnen haben viele Arbeitnehmerinnen keine zweite Säule und leben nach der Pensionierung nur von einer AHV-Rente. Oder die Leistungen der ihrer 2. Säule sind so gering, dass sie auch bei angeschlagener Gesundheit nicht vorzeitig in Rente gehen können. Und die, die entlassen werden, landen oft in Langzeitarbeitslosigkeit und Armut.

Statt die Renten zu kürzen, sollten wir die Frauenberufe aufwerten!

Die Auslagerung und Prekarisierung der Pflegearbeit ist ein grosses gesellschaftliches Problem: Wir müssen uns fragen, wie wir Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit so organisieren können, dass sie gleichmässig auf alle verteilt wird. Dafür muss die Infrastruktur für die Betreuung ausgebaut und die Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen dauerhaft gesichert werden.

Die gesellschaftliche Anerkennung der Care-Berufe muss steigen und ihre Löhne müssen erhöht werden. Die Arbeit der Migrantinnen zum guten Schweizer Lebensstandard bei: Während der Pandemie war dies für alle sichtbar. Denn ohne Migrantinnen hätte vieles nicht funktioniert! Und genau diese Arbeitnehmerinnen, für die wir vor kurzem noch Beifall zollten, werden vom AHV 21-Rentenabbau betroffen sein. Dieser Abbau ist ein Schlag ins Gesicht der werktätigen Menschen in diesem Land!

NEIN zu AHV 21!

VPOD-Verbandskommission Migration